Montag, 26. Dezember 2016

Weihnaachde in de Kersch

Beim Anblick des Weihnachtsbaums wird man gerne nostalgisch und denkt an die vielen Weihnachtsbäume der Kindheit, ans Beemsche gugge, an Traditionen, Riten und andere Katastrophen, die alle Jahre wieder dräuten.
Seit vergangenem Jahr haben wir im heimischen Fundus einen Kerzenlöscher, der aus einem Kloster an der Mosel stammt. Ähnlich, wie es im Film "Feuerzangenbowle" beim Blick in die Flammen gelingt, einen Zeitsprung zu machen, versetzt mich der Anblick dieses Kerzenlöschers in die Hundsbacher Kersch zu Weihnachten, irgendwann zwischen den 50ern und 80ern des 20. Jahrhunderts. Nicht, dass ich alle Weihnachtsgoddesdienschde dieser Jahre selbst erlebt hätte. Ich bin nur überzeugt, dass sie alle ihre Gemeinsamkeiten hatten, weil sie gewisse gemeinsame Rahmenbedingungen hatten:
- Der Pfarrer hieß Runkel
- In der Kirche wurde ein hoher Baum aufgestellt, an dem es natürliche Kerzen gab, die man mit
  Streichhölzern entzündete
- Die Kerzen mussten irgendwann gelöscht werden, und dazu gab es einen Kerzenlöscher mit langer Stange.

Genau solch einen Kerzenlöscher haben wir also zuhause.

Und nun blenden wir zurück: Weihnaachde in de Hundsbacher Kersch


Hundsbacher Kersch. Foto vun uhrem Derre, nochemol abfodografeert.

Der Weihnachtsgoddesdienscht wurde mit langem Vorlauf geplant und eingeübt, und dazu bedurfte es einiger Treffen im Parrsaal, schließlich einer Generalprobe in de Kersch. Einzuüben waren: Flötenlieder und Krippenspiel. Für die Flötenlieder war Deitschmanns Ruth zustännisch, Organistin der Dorfkirchenorgel. Es handelte sich um den dorfweihnachtstypischen vielstimmigen Sopranflötenchor. Ich erinnere mich an ein Paradejahr, in dem "Tochter Zion, freue Dich" gegeben wurde, ebenso wie "Kommet, ihr Hirten". Werke, die mit ihren Notenläufen schon ganz andere Orchester herausgefordert haben. Könnte man die Flötentöne in Worten wiedergeben, hätten sie im Weihnachtsgoddesdienscht meiner Erinnerung nach so begonnen: TOOOOOOOcht-täÄÄÄÄÄ-HÄerZIIIIIIIIII----HONNNN, FrOOOOOO HO HOOOOOOO O HOIE DIIIIIIIch...
Besinnlich, und nicht nur die Eltern der Flötistinnen hatten Tränen in den Augen.
Für das Krippenspiel war de Parre zustännisch.
Zur Vorbereitung bekamen alle Mitspielende einen Papierstreifen, auf dem der eigene Text stand. Ich meine, mich an umfassende und schwierig zu behaltende Textstreifen zu erinnern, z.B.
"Oh seht, da sind die Hirten!"
"Lasset uns anbeten!"
"Wir haben Weihrauch und Myrrhe mitgebracht!"
Um größere Kindergruppen einzubeziehen, konnten solche Sätze auch mal im Kleinchor gesagt werden. 
Ich denke, alle Mitspielenden haben ihre Textpassagen mit ebenso viel Ernst, Ehrgeiz und Lampenfieber geübt wie die Flötistinnen ihre Blockflötentöne. Es ging ja um Hochdeutsch. Ich erinnere mich sicher, den kleinen Papierstreifen penibel verwahrt zu haben. Mancher davon dürfte dann in der ersten Wäsche nach Weihnachten im Säckel der jeweiligen Hose durchgewaschen worden sein.

Die Kirche war richtig voll zu Heiligabend, und rechts, vor dem Taufbecken, stand der Weihnachtsbaum, richtig hoch und geschmückt und bestückt mit Kerzen, die während der Zeremonie vor sich hin brannten und bei Luftzügen flackerten. Waren sie schon angezündet, wenn man hereinkam, wurden sie erst während der Zeremonie angezündet? Das weiß ich nicht mehr.

Kerzen, die mit der Zeit kleiner werden. Sowas gab es auch mal am Weihnachtsbaum in der Kirche...
Die Zeremonie jedenfalls war spannend. Die Kersch war voll, jeder war sunndaachs aan, die Kinn muschde uffbasse, bisse drohn wohre.
Man musste sich so in die vorderen Kirchenbänke rechts und links setzen, dass man rechtzeitig herauskam, um seinen Part zu erfüllen, ohne die Flötistinnen wegzurumpeln. Die Einsätze waren Nervensache. Es galt, die Familienehre zu verteidigen.
Nachdem man dran war, ob zum Flöten oder Krippenspielen, ging die Zeremonie weiter. Ich weiß, dass ich in diesen Phasen sehr interessiert das Kerzenspiel hoch bis zum Baumwipfel betrachtet habe. Und es gibt eine Stelle, die ich wohl noch nie jemandem verraten habe: Es gab- in meiner Kindheit- zwei Stellen oberhalb der rechten Bänke, an denen der Putz weggebrochen war. Ein kleines und ein großes Loch im Putz der Kirchendecke. Wenn einem nun an Heiligabend der Blick kerzenwärts nach oben stieg, gelangte man zu diesem Loch im Putz. Und wenn donn de Parre verziehlt hott vum heilisch Geist, donn war isch sicher: Der heilisch Geist kimmt durch das Loch im Butz.

Am Ende des Gottesdienstes wurden die Kerzen gelöscht, und das machte de Oddo. Mit genau solch einem Kerzenlöscher, wie er jetzt bei uns steht.

Gleich isse aus.


 

Und donn iss mer häämgong, die Glogge woare om Laure, unn die Bescheerung kam erschd noch.... un das woar Weihnachde....

Freitag, 23. Dezember 2016

Ratschlüsse der Lina-Goot

Aufmerksame Lesende des "Gollebiebsche" kennen die Lina-Goot bereits. Mir liegt sie regelmäßig in den Ohren: Mit Mahnungen, Ahnungen, Prophezeiungen und Ratschlüssen. Einmal im Jahr vertritt sie mich sogar im (sogenannten) richtigen Leben- zumindest, wenn ihr Terminkalender das zulässt.
Da ich mir unmöglich alles merken kann, was die Lina-Goot an Bemerkenswertem und an Hundsbacher Lebensweisheiten von sich gibt, schreibe ich es hier auf.

Hinweise zum erfolgreichen Lesen:
1) De bisch Hundsbacher? Ei donn stell der vor, dei Goot orrer dei Ohm orrer e anner Hundsbacher Balljäersch däht sich uffreesche.
2) Sie sind in Hundsbach geboren, aufgewachsen oder ansässig, haben einige Erfahrung mit den Eigenheiten, würden aber nicht so weit gehen, sich als Hundsbacher zu bezeichnen? Dann stellen Sie sich vor, eine Hundsbacher Patentante oder Großmutter oder eine andere legendäre Hundsbacher Balljäersch stellt Sie in den Senkel; die Dynamik dürfte Ihnen geläufig sein.
3) Sie haben Verwandte, Freunde oder Bekannte, auf die die ersten beiden Hinweise Anwendung finden oder haben in Ihrem Leben gerüchtehalber von der Existenz dieses Ortes und seines Dialekts gehört? Herzlichen Glückwunsch, aber sehen Sie bitte davon ab, mich mit dem Hinweis zu konfrontieren, im Hundsbacher Platt werde jedes "a" gelesen wie ein "o". Es is nämlich net wohr. Ich kriehn sellwer laufend ebbes se heere, wonn ich ähmol verkehrt leije, unn froh net vunn wem.
4) Sie fallen nicht unter die Personengruppe, auf die 1) bis 3) Anwendung findet? Gehen Sie zurück auf Los, ziehen Sie eine Ereigniskarte und versuchen Sie nicht, den Text laut zu lesen.
5) Sie fallen unter Kathegorie 4), haben aber versucht, den Text laut zu lesen? Schön für Sie, awwer das is se Lebbdaach kää Hundsbacher Platt.
6) Sie fallen unter Kathegorie 1) und entdecken einen Fehler? Donn gebb um Goddes Wille Beschääed!!!

Hier also die Ratschlüsse der Lina-Goot:


Ratschlüsse der Lina-Goot

der Mit- und Nachwelt zur Mahnung und Erbauung


Erster Ratschluss
Vom Aufhängen der Wäsche

Die Wäsch werd aanstännisch uffgehängt! Was is dann das fer e Dorjenonner met dem raulisch klään Gestell, wonn das alles so hienegestobbt werd! 
Wäsche auf unzureichendem Gestell


Es werd net drugge, und die Wäsch sieht hinne aus, wie wenn de Vadder sich druffgesetzt hätt. Das kammer hunnertmol sahn un donn begreife se's doch net. Noch zu strack, fer e Wäschelein uffsehännge, Gewidderdunnerkeilnochemol! Unn wenn se e Wäschelein honn, donn lonn se die Klammere hännge, statt se ins Klammeresäckelsche se duhn.

Wäscheklammern, zu 80% am falschen Ort


S' beschd noch, on de Wäschelein im Gaade, dass die Klammere ruschdisch wehre, do hosche dann hinne die Ruschdplagge um Sunndachs-Himmd, die kriesche doch seleewe nimmeh eraus! 

Wäscheklammern, welchselbe zur falschen Zeit am falschen Ort waren


Unn wonn ich donn hehre, dass das Kellerstolzjohbs Ruth verziehlt, seine dähre die Wäsch gaanimmee uffhännge, die härre so e elektrisch Driggel, dann fällt meer nix meh inn. Stell der emol vor: E elektrisch Driggel! Wonn's ähm ze wohl is, dann kääft mer sich e elektrisch Driggel. Wonn se jetz noch e Soggesuchaudomat härre, un ähner, wo die Wäsch in de Schank leht, donn breischte se gaanix meh se schaffe!
Socken, welchselbe ihres rechtmäßigen Pendants harren

Geh mer fatt met dem Scheißdregg, un merk der das:
Die Wäsch werd aanstännisch uffgehängt, 
die Sogge sordeert mer beim Uffhännge 
un die Klammere duht mer wirrer ins Klammeresäckelsche, 


Wäscheklammeraufbewahrungssäcklein.


Gewidderdunnerkeilnochemol!